Beschlüsse



Aschaffenburg, 23. März 2024

Digitales Aschaffenburg - Ein Vorteil für Jedermann

Die Digitalisierung unseres Alltags schreitet in großen Schritten und verschiedenen Lebensbereichen voran. Ob Social Media, die Welt des Datings, Video-On-Demand, und weitere Beispiele: Ein Großteil des Lebens und des Konsums spielt sich im virtuellen Raum ab. Seit einiger Zeit beobachtet man unweigerlich auch vermehrt Bemühungen, die Interaktion des Bürgers mit Ämtern und die entsprechenden Verwaltungsprozesse zu digitalisieren und damit Bürokratie abzubauen. Auch in Deutschland wünschen sich einer Studie des Digitalverbandes Bitkom anlässlich der Smart County Convention in Berlin zufolge ein Großteil der Bürger die Digitalisierung grundlegender Verwaltungsleistungen, etwa der Beantragung des Personalausweises, von Parkausweisen, der KfZ-Zulassung oder auch der Wohnsitzmeldung. Allerdings zeigt die Studie ebenso auf, dass mit Ausnahme der digitalen Steuererklärung über ELSTER ebenso wie der Online-Funktion moderner Personalausweise nur wenige digitale Angebote auf kommunaler, Landes- sowie Bundesebene bekannt sind. Ein Begriff, der in diesem Kontext oft Anwendung findet, ist der Begriff der „E-Governance“. Dieser umfasst alle Chancen und Möglichkeiten, welche sich durch die Nutzung digitaler Angebote für die Effizienzsteigerung der Erbringung staatlicher Leistungen ergeben. Zur Zielerreichung der E-Governance wird unter anderem der Begriff des Vertrauens in den Staat durch die Bevölkerung als Anwender genannt.

Um dem Ziel einer umfassenderen E-Governance innerhalb der Stadt Aschaffenburg sowie den umliegenden Landkreisen näher zu kommen, definieren wir Junge Liberale Aschaffenburg folgende Kriterien, die während des Digitalisierungsprozesses Beachtung finden müssen: 

Rücksichtsvolle Amtssoftware (Accessibility)

Sind wir als digital gezeichnete Gesellschaft darin bestrebt, E-Governance zu realisieren, bedarf es zunächst entsprechender Konzepte für die Entwicklung der behördlichen Software. Um den Zugriff auf diese Anwendungen unabhängig von Merkmalen wie dem Alter oder möglichen körperlichen beziehungsweise geistigen Einschränkungen zu ermöglichen, bedarf es unterschiedlicher Richtlinien in der Benutzerführung sowie der Darstellung und Masse von Informationen. Die Jungen Liberalen Aschaffenburg fordern deshalb in Bezug auf die Softwareentwicklung:

  • die Verwendung verbreiteter und aktueller Designrichtlinien wie bspw. der Material UI von Google, die bereits inhärent auf Bedienbarkeit und Individualisierbarkeit abzielen. Diese Merkmale müssen zwingend berücksichtigt und umgesetzt werden. 
  • eine tiefgehende Analyse abzubildender behördlicher Prozesse und anschließende Optimierung auf wenige Medienbrüche und Beschränkung auf den notwendigen User-Input.
  • benutzerorientierte Softwareentwicklung mit Vertretern unterschiedlicher demografischer Merkmale, aber auch mit und ohne Behinderung als Tester, deren Feedback in die kontinuierliche Optimierung des Nutzungserlebnisses mit einfließt, um eine konsistente digitale Barrierefreiheit zu etablieren. 

Zentralisiertes Angebot statt historisch gewachsener Lösungen

Ein weiterer wesentlicher Aspekt neben der Bedienbarkeit der Software ist die Entscheidung, welche behördlichen Prozesse sich digital zusammenfassen lassen und bei welchen eine Trennung in unterschiedliche Services erfolgen soll. Innerhalb der aktuellen Systemlandschaft der Stadt Aschaffenburg lassen sich eine Vielzahl unterschiedlich stark ausgeprägter Dienstleistungen an unterschiedlichen Orten abrufen. Stellenweise macht es das unweigerlich schwieriger, die genaue Lokation des benötigten Digitalangebots zu finden und zuverlässig zu navigieren. Als Grund hierfür lässt sich weniger ein Versäumnis oder ein Vorsatz ausmachen, vielmehr wachsen Applikationen historisch an und unterschiedliche Projekte werden oft an- und nicht in den Prozess eingebunden. Um dies zuverlässig zu vermeiden, fordern die Jungen Liberalen Aschaffenburg deshalb bei der (Weiter-)entwicklung der E-Governance prozessseitig:

  • eine initiale Zusammenführung der bestehenden Systemlandschaft in einer zentralen Lösung, welche die einzelnen Ämter modular abbildet.
  • die Einrichtung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses im Anschluss an Neuanbindungen und Erweiterungen des bestehenden Angebots mit dem Fokus der Komplexitätsreduzierung als Qualitätsziel.
  • (auch übergreifend zu den anderen genannten und noch zu nennenden Forderungen) Offenes Benutzerfeedback zur Integration und Weiterentwicklung als „Nutzbarkeitsstudie“.

Beratungsleistungen über den Einführungsprozess hinaus

Ein oft genanntes Argument der mangelnden Erschließung der Chancen einer behördlichen Digitalisierung ist das Abhängen oder Missachten digital nicht (ausreichend) angebundener oder geschulter Personen. Wohingegen es Digital Natives leichter fällt, mit Unterhaltungselektronik zu interagieren und diese behördlich zu nutzen, leiden vor allem ältere Menschen oft unter der mangelnden Erfahrung und positionieren sich als natürliche Konsequenz skeptischer gegenüber der E-Governance. Die Stadt Aschaffenburg bietet deshalb bereits einige Beratungsangebote für Bürger sowie insbesondere für Senioren an.  Die Jungen Liberalen Aschaffenburg begrüßen diese Bürgernähe und fordern deshalb dazu auf:

  • Unterstützung bereits bei der Bedienung der Software zu integrieren. Hierbei können sowohl KI-gesteuerte Chatbots als auch einfache Lösungen wie sog. „Tooltips“ mit Hilfestellungen verwendet werden.
  • Das bestehende Beratungsangebot und die Teilhabe an der Digitalisierung der Stadt Aschaffenburg im bereits gegründeten Digitalladen auf die E-Governance-Maßnahmen abzustimmen und bei Bedarf zu erweitern.
  • Die verstärkte Außenkommunikation digitaler Unterstützungsangebote vor allem bei Ratlosigkeit und in bestehenden zielgruppenorientierten Zeitschriften wie bspw. das Seniorenprogrammheft "Aktiv-gesellig-nachbarschaftlich".

Möglichkeit der Vertretung als Hilfe zur Selbsthilfe

Ein neben öffentlichen Beratungsangeboten oftmals selbstbestimmterer Weg stellt sich durch die Möglichkeit der Vertretung durch eine andere Person dar. Eine bereits bestehende Möglichkeit in der Umsetzung zeigt das Portal ELSTER zur elektronischen Datenübermittlung an die Finanzämter auf. Ob regelmäßig bei der digitalen Steuererklärung oder einmalig bei der Neuerhebung für die Grundsteuerreform ab 01.01.2025 haben digitalaffine Bürger die Möglichkeit, unkompliziert Angehörige und berechtigte Dritte bei ihren Finanzangelegenheiten zu unterstützen, was ein flexibleres und oftmals durch die persönliche Nähe angenehmeres Erlebnis schaffen kann. Weiterhin erweist sich eine derartige Lösung als kostengünstiger, da der Bedarf für ein öffentliches Beratungsangebot bei Selbsthilfemöglichkeiten sinkt.

Aus diesem Grund fordern die Jungen Liberalen Aschaffenburg:

  • die Abwägung von Chancen und Risiken der Animierung zur gegenseitigen Leistungserbringung im Peer-Prinzip.
  • dass eine E-Governance-Lösung für die Digitalservices der Stadt Aschaffenburg eine in der Funktion ähnliche Möglichkeit aufweist, mit der eine unbürokratische Vertretung Dritter ermöglicht wird.
  • weiterhin die Evaluation der Anbindung bestehender digitaler Authentifizierungsmethoden wie bspw. des digitalen Personalausweises.

Plattformunabhängigkeit

Vor allem das letzte Jahrzehnt hat gezeigt, wie stark sich die Endgeräte und Bedienung von Anwendungen im Wandel befindet. Wo vor einigen Jahrzehnten noch der Desktoprechner das dominante Medium war, bestimmen jetzt mobile Endgeräte die digitale Interaktion der Endbenutzer untereinander, mit Unternehmen oder auch mit der Verwaltung. Diesem Trend folgen entsprechende Technologien und erlauben inzwischen die Bereitstellung als Website ohne Download, lassen sich aber mit geringem Aufwand auch in Apps für mobile Endgeräte umwandeln. Da hierdurch eine flexiblere Nutzung abhängig vom User und seinen Präferenzen ermöglicht wird, fordern wir Jungen Liberalen Aschaffenburg deshalb:

  • Die Berücksichtigung der Plattformunabhängigkeit bei der Auswahl der Plattform für das E-Governance-Projekt.
  • die Entwicklung nach dem Mobile-First-Ansatz, welcher u.a. die Optimierung auf mobile Endgeräte und kleine Bildschirme vorsieht.
  • Das Ausnutzen der Potentiale der gewählten Plattform im Hinblick auf die Bereitstellung als Website, Desktop- und Mobile-App.